Die Firma absolut-e aus Müllheim hat sich auf die Umrüstung von Gebrauchtwagen mit Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb spezialisiert. Mit dem modularen Antriebsstrang der Firma LINNIG aus Markdorf am Bodensee wird es so einfach wie nie, ein konventionelles Fahrzeug umzurüsten. Die amerikanische „Car-Conversion“-Idee wird damit professionalisiert!
Am Samstag, den 16. Juli öffnete absolut-e seine Pforten und lud zu Testfahrten mit Elektro-Rollern und Fahrrädern ein. Bei den motorisierten Zweirädern war das Quantya-Motocross und e-max -Roller vertreten. Elektro-Fahrräder sind mittlerweile Standard, auch sie bietet das Ehepaar Zebisch aus Müllheim im neuen Verkaufsraum mit angeschlossener Werkstatt in der Klosterrunsstrasse 14 an.
Ich selbst ließ es mir nicht nehmen, den e-max 90s probezufahren. Der Roller hat ein gutes Durchzugsverhalten und beschleunigt rasch auf die 45 km/h und krabbelt auch ohne Probleme einen etwas steileren Berg hoch. So mancher Verbrenner hätte im Vergleich mit diesen Fahrleistungen Probleme mitzuhalten.
Highlight war neben dem Elektro-Lieferwagen EcoCarrier der Firma EcoCraft ein handelsüblicher VW Lupo, der mit einer modularen Antriebseinheit auf Elektroantrieb umgerüstet wurde.
Die Antriebseinheit e-drive von Kendrion/LINNIG ist in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit. Im Mittelpunkt der Überlegungen stand, dass ein herkömmlicher Wagen mit Verbrennungsmotor auf einfache Weise auf Elektroantrieb umgerüstet werden kann.
Vom Auto selbst bleibt vor dem Umbau wirklich fast nur noch die Karosserie und die Inneneinrichtung übrig. Verbrennungsmotor, Getriebe, Kupplung und Benzintank werden komplett ausgebaut. Im Unterschied zur klassischen amerikanischen „car conversion“, bei der Getriebe und Kupplung im Wagen verbleiben und der E-Motor mit Antriebsplatte an das Getriebe geflanscht wird, zeigt sich hier der erste Vorteil der LINNIG-Abtriebseinheit: Jeder der zwei 22 kW-Elektromotoren treibt über eine Kardanwelle ein Vorderrad an. Dieser Antrieb wrkt direkt axial auf die Räder, wie bei Radnabenmotoren, die sich im Automobilbau bisher nicht durchgesetzt haben, weil Motoren im Rad eine höhere ungefederte Masse und einen höheren konstruktiven Aufwand bedeuten. Warum also kompliziert, wenn es auch einfach geht – die Ingenieure, allen voran Peter Böhmler von LINNIG, zeigen hier ein durchdachtes Endprodukt.
Der nächste Vorteil ist der kompakte Aufbau: Das Modul wird mit einer Rohrverstrebung in die vorhandenen Motoraufhängungen eingesetzt. Die einzigen Bauteile, die an die verschiedenen Automodelle angepasst werden müssen, ist diese Verstrebung und die Kardanwellen zu den Vorderrädern. Nach dem Einbau des Moduls bleibt im Motorraum noch genügend Platz für einen 10 kWh-Lithium-Ionen-Akku (LiFePo). Die Batteriekapazität kann bis zu 20 kWh und mehr aufgestockt werden. Die weiteren Akkus finden dann im Tankraum und im hinteren Unterboden anstelle eines vollwertigen Reserverades Platz, welches dann entfallen muss. Ein kleines Notrad oder ein Pannenhilfe-Set helfen hier kurzfristig weiter. Der Innenraum des Wagens und der Kofferraum bleiben jedoch unverändert erhalten.
Ein weiterer Vorteil dieses Konzeptes ist ein Sicherheitsaspekt: Die mittels der Leistungselektronik erzeugten gepulsten höheren Spannungen (200 Volt AC) für den Betrieb des Motors bleiben innerhalb des Moduls gekapselt. Außerhalb der Antriebseinheit werden von und zu den Batterien nur niedrige Gleichspannungen von 50 Volt geführt. Damit können Umrüstung und Verkabelung von versierten KFZ-Mechanikern vorgenommen werden. Auch die TÜV-Abnahme und Zulassung werden damit vereinfacht.
Die Testfahrt im Elektro-Lupo ließ nicht lange auf sich warten, am darauffolgenden Montag war es so weit:
Die Surr-Geräusche beim Fahren kommen von kleinen Planetengetrieben 1:7 pro Motor. Für die produktive Version sollen diese Geräusche besser gedämmt oder gekapselt werden, da sie im Innenraum doch etwas laut wirken. Beim Beschleunigen und am Berg zeigt sich der Antrieb mit seinen max. 44 kW elektrischer Leistung wie von Elektroantrieben gewohnt sehr agil. Ein 60 PS-Lupo hätte Probleme, mitzuhalten. Nur bei der Endgeschwindigkeit, die bei dieser Version bei ca. 100 km/h liegt, sollte noch etwas gearbeitet werden. 120-130 km/h wären ideal, um auf der Autobahn im Verkehr mitzuschwimmen, insbesondere bei Tempolimit 120 hätte man hier einen idealen Wagen für alle Gelegenheiten. Die Reichweite beträgt auf Überlandstrecken und normaler Fahrweise mit 20 kWh Batteriekapazität ca. 120-140 km.
Bei meinen Testfahrten habe ich bisher immer etwas gefunden, was man noch verbessern könnte, so auch hier:
Wo sich ursprünglich der Schalthebel befand, steuert ein einfacher Schalter Vorwärts- und Rückwärtsgang. Hier wäre es auf jeden Fall angebracht, sich am klassischen Automatik-Schalthebel mit einer Beschriftung „R“, „N“, „D“ und „L“ zu orientieren. Meiner Meinung nach muss es dem Autofahrer auch bei der Bedienung möglichst einfach gemacht werden und es müssen ihm die gewohnten Bedienelemente zur Verfügung stehen, denn die Pedalerie besteht wie bei einer Verbrennerautomatik auch schon nur noch aus Strompedal und Bremse. Für den Rückwärtsgang würde dann das „R“ stehen, „N“ für Leerlauf (keine Rekuperation, Strompedal deaktiviert), „D“ für normales Fahren (Leerlauf rekuperiert leicht) und „L“ für stärkeres Gefälle (Leerlauf rekuperiert stärker). „Segeln“ mit „N“ war im Lupo leider nicht möglich, auch ließ sich die Rekuperation mit dem Bremspedal noch nicht beliebig dosieren. Schon ein leichter Druck auf das Bremspedal ließ die Bremswirkung langsam bis zum Maximum ansteigen. Die Steuerung ist also schon eingebaut, war nur noch nicht direkt ans Pedal gekoppelt. Die Ansteuerung der mechanischen Bremse wird über den herkömmlichen Pedalweg der bestehenden Bremsanlage realisiert. Hier sollte noch etwas optimiert werden. Bei Elektroautos bin ich vehementer Verfechter einer Kontrollanzeige für die mechanischen Bremse, damit der Fahrer immer mitbekommt, sobald die mechanische Bremse anspricht. So wird der Fahrer dazu angehalten, möglichst nur rekuperativ bis zum Maximum zu bremsen. Jede Einsparung eines mechanischen Bremsvorganges dient der Effizienz und erhöht die Reichweite! Nur eine Vollbremsung oder ein Bremsen bei niedrigen Geschwindigkeiten sollte die mechanische Bremse zum Anspringen zwingen.
Auch ein kleiner Bordcomputer bzw. vielleicht sogar ein kleines Touchpanel mit Informationen über Momentanverbrauch in kWh/100 km (analog den Litern/100 km, Amperestunden sind nicht intuitiv erfassbar) oder kW bzw. mit dem durchschnittlichen Verbrauch ebenfalls in kWh/100 km wäre hilfreich. Im diesem Lupo befindet sich lediglich ein Rundinstrument, das den Fahrstrom in Ampere anzeigt (-200 beim Bremsen bis +400 beim Antrieb).
Alles in allem verspricht dieses Konzept ein Erfolg zu werden! Ein paar kleine pfiffige Details noch bei der Bedienung werden diesen Umbauten eine große Zukunft bescheren.
Der ökologische Effekt darf nicht vergessen werden: Jeder Umbau eines gebrauchten Automobils auf den Elektroantrieb spart Ressourcen, vor allem den Neubau und die Verschrottung eines Autos! Das ist eine nicht zu vergessende Einsparung von Herstellungsenergie. Es versteht sich, dass mit der Anschaffung eines Elektroautos die Verpflichtung bestehen sollte, sich den Strom dafür selbst vom Dach zu holen oder zu einem Ökostromanbieter zu wechseln.
Speziell hier im Markgräflerland kann ohne Einschränkungen der Ökostromanbieter AleMannenEnergie Müllheim/Staufen empfohlen werden, der ebenso mit einem Stand bei der Eröffnung vertreten war. Elektrisch fahren bedeutet mit dezentral erzeugter Energie wirtschaften!