Monat: Dezember 2008

Elektroautos an der Steckdose – wirklich „Klimaschweine“? NEIN!

250-02_mini_e_250Die letzten Wochen machten einige Aussagen über an der Steckdose betriebene Elektroautos die Runde, die mich doch sehr wunderten.

Greenpeace startete eine Kampagne „Elektroautos sind Klimaschweine“, als bekannt wurde, dass BMW eine Kooperation mit Vattenfall einging. Greenpeace befürwortet aus diesem Grund sogar weiterhin den Verbrennungsmotorantrieb(!?)

Während die Aussagen der Grünen anfangs auch skeptisch dem elektrischen Antrieb gegenüberstanden, hat sich wohl im Laufe des Jahres ein Wandel vollzogen – weil sie vielleicht dann doch einfach mal selbst nachgerechnet haben.

Einfach(!) nachrechnen – das will ich hier ebenfalls tun, anhand verschiedener Beispiele. Keine Angst, es sind höchstens  Taschenrechner und Dreisatz vonnöten, mehr braucht man dazu nicht. Meist genügt der gesunde Menschenverstand.

Grundlagen für alle nachfolgenden Berechnungen:

CO2-Ausstoß im Energiemix: 520 g/kWh
Primärenergieaufwand zur Herstellung von 1 kWh Strom in Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen: 2,5 kWh
1 l Benzin verbrennt zu 2,33 kg CO2 und hat einen Brennwert von 10 kWh

Vergleich am Beispiel eines konkreten Automodells: BMW Mini (Herstellerangaben):

E-Mini (150 kW, 0-100 km/h in 8,5 s): 15 kWh/100 km.
Benzin-Mini (88 kW, 0-100 km/h in 9 s): 5,4 l/100 km.

Vergleich Primärenergieaufwand an fossilen Brennstoffen:

E-Mini: 37,5 kWh/100 km (noch ohne Berücksichtigung regenerativer Energien!)
Benzin-Mini: 54 kWh/100 km

Vergleich CO2-Ausstoß:

E-Mini: 78 g/km
Benzin-Mini: 126 g/km

Hinweis für Greenpeace: Vattenfall hat einen CO2-Ausstoß von 645,7 g/kWh im Unternehmensmix. Selbst mit diesem relativ CO2-belasteten Strom kommt Vattenfall beim Betrieb eines Mini E auf 90 g/km und nicht auf 133 g ! Allerdings ist es grundsätzlich Unsinn, mit einem speziellen Mix eines Unternehmens zu rechnen, es zählt immer der bundesweite Strommix, da Strom vernetzt ist.

Abb1.: Wirkungsgradvergleich - KWO Grimselstrom AG / CH, www.kwo.ch
Abb. 1: Wirkungsgradvergleich - KWO Grimselstrom AG / CH, www.kwo.ch

Vergleich mit dem Durchschnittsverbrauch der gesamten PKW-Flotte

Durchschnittsverbrauch aller PKW in Deutschland: 7,8 l/100 km
Prognostizierter Durchschnittsverbrauch von Elektroautos: 15 kWh/100 km

Vergleich Primärenergieaufwand an fossilen Brennstoffen:

Elektroautos: 37,5 kWh/100 km (noch ohne Berücksichtigung regenerativer Energien!)
Herkömmliche Autos: 78 kWh/100 km

Vergleich CO2-Ausstoß:

Elektroautos: 78 g/km
Herkömmliche Autos: 182 g/km

Das ist mal gut Faktor 2 in beiden Disziplinen, der durch weitere Vorteile des elektrischen Antriebs noch weiter verstärkt wird:

  • Der CO2-Ausstoß eines E-Autos hängt nur vom CO2-Ausstoß der Herstellung des „getankten“ Stromes ab. Ein heute gekauftes E-Auto wird sich an der Steckdose in 20 Jahren umweltfreundlicher betreiben lassen als heute. Ein Auto mit Verbrennungsmotor wird in 20 Jahren genauso viel CO2 ausstoßen wie zu seinem Kaufdatum! Ein nicht zu vernachlässigender Faktor!
  • Ein E-Auto kann schon heute CO2-neutral fahren, indem man es entweder direkt mit Strom aus regenerativen Energiequellen (Wind/Wasser/Solar/Geothermie) betreibt oder das Äquivalent des aus dem Stromnetz bezogenen Stromes als Solarstrom wieder ins Netz einspeist. (20 m² Photovoltaik reichen für 15000 km im Jahr!)
  • Lärm und Dreck verschwinden aus den Städten
  • In KWK-Kraftwerken wird erzeugte Abwärme nutzbar gemacht, im Auto verpufft die Abwärme wirkungslos.
  • Schadstoffe aus fossilen Brennstoffen können im Kraftwerk zentral einfacher und besser gefiltert werden als in Millionen einzelner Autos. Es besteht außerdem zukünftig die Chance, CO2 im Kraftwerk abzuscheiden.

Warum also nicht schon heute und damit anfangen? Eine mehr als 100%ige Verbesserung wirkt mehr als halbherzige und kostspielige „Verbesserungen“ schon hochgezüchteter Verbrennungsmotoren mit ein paar Prozent Einsparungen beim Verbrauch. Das Geld sollte besser in die Entwicklung noch besserer Energiespeicher gesteckt werden.

Abb2.: Reichweitenvergleich - KWO Grimselstrom AG / CH, www.kwo.ch
Abb. 2: Reichweitenvergleich - KWO Grimselstrom AG / CH, www.kwo.ch

Woher soll der ganze Strom für die Elektroautos herkommen?

Das ist die oft gehörte Frage in diesem Zusammenhang. Irrelevant, sage ich:

Laut Shell-Studie werden in Deutschland derzeit insgesamt ca. 530 Milliarden Autokilometer pro Jahr zurückgelegt. Bei dem angenommenen Durchschnittsverbrauch von 15 kWh/100 km kann man auf einen Mehrverbrauch von 80 TWh im Jahr schließen, was bei einem Gesamtenergieverbrauch von 620 TWh im Jahr etwa 13% entspräche, aber nur, wenn sämtliche(!) KFZ auf allen(!) Kilometern elektrisch fahren würden.

Da sich der elektrische Antrieb jedoch gut als serieller PlugIn-Hybrid (100 km rein elektrisch mit Range-Extender für Strecken darüber) realisieren ließe (bester Kompromiss aus Fahrzeuggewicht, rein elektrisch zurückgelegten km, Wirkungsgrad, Batteriekosten, Ladezeitpunkte und Reichweite), werden es weniger als 13% sein und nachts angefordert, mit intelligenter Ladesteuerung. Die sogenannten „intelligenten Stromzähler“ werden bald in jedem Neubau Pflicht sein.

Aus diesen Gründen nach ist der vermeintliche Zwang zu mehr (Atom)-Kraftwerken reines Ablenkungsmanöver und absolut falsch. im Gegenteil: Der Strom wird durch die intelligente Lastverteilung im Netz eher besser genutzt: Kraftwerke müssen nachts nicht mehr aufwendig heruntergefahren werden, Strom aus regenerativen Quellen kann weitaus besser verteilt werden als heutzutage. Es kann sogar sein, dass durch die intelligentere Stromverteilung alleine so viel Energie eingespart werden kann, dass mit dieser Energie Elektroautos fahren könnten.

Greenpeace selbst wäre besser beraten gewesen, seine Kampagne anders zu nennen: „Klimafreundliche Elektroautos fahren mit dem Strom von Greenpeace Energy! Wir wollen die schadstoffbasierte Fahrstromsteuer!“ (Anm. von Tomi Engel in SONNENENERGIE 01/2009, DGS e.V., München).