Heute war es so weit: Die ePioniere des Opel Ampera, zu denen ich mittlerweile auch gehöre, wurden nach Dudenhofen auf die Opel-Teststrecke eingeladen, um den neuen Opel Ampera probezufahren.
9 Uhr: Ankunft auf dem Parkplatz vor dem Testgelände – ein Shuttle-Bus nimmt uns in Empfang und fährt uns zum Testcenter innerhalb des Geländes, wo wir begrüßt wurden. In der ersten halben Stunde durften wir die drei bereit stehenden Opel Amperas ausgiebig begutachten, probesitzen und uns erklären lassen.
Im Ampera sitzt man sehr bequem, die Beinfreiheit hinten ist auch hinter einem großem Fahrer ausreichend, allerdings können größere Personen hinten unter Umständen mit dem Kopf an der Fließheck-Fensterkante anstoßen bzw. der Kopf befindet sich dann unter dem hinteren Fenster. Ein Sonnenschutzrollo für das Fließheck wäre eine Idee. Der Blick in den Motorraum zeigt ein auf den ersten Blick klassisches Bild, man sieht den 1,4l-Verbrenner des Range-Extenders. Außer ein paar Kabeln zur Leistungselektronik sieht das Auto kaum wie ein Elektroauto aus.
Dr. Gerd Arnold beantwortete geduldig alle aufkommenden Fragen zur Technik, auch Design-Fragen und Anregungen wurden aufgenommen und wohl auch intern diskutiert. Bei der Frage nach der Anhängerkupplung war leider nichts zu machen. Opel entscheidet hier sehr amerikanisch: Der Kunde könnte ja reklamieren, weil er mit einem Anhänger (logischerweise) nicht die erforderliche Reichweite erzielen würde. Aus diesem Grund ist die Anhängerkupplung eben „gestorben“. Meine Frau darf sich nun darauf freuen, dass ihr Mazda 2 bald unseren Anhänger zieht. Über eine Möglichkeit, einen Dachgepäckträger zu installieren, um für den Fall der Fälle Stauraum für vier Personen in Urlaubsfahrt zu haben, wird aber wohl noch diskutiert werden.
9:30 Uhr: Ein Vortrag von Thomas Begel leitete den offiziellen Teil mit der Agenda für den Morgen ein. Ferner gab es einen kleinen Einblick in das Marketing von Opel, welche Kostenvorteile der Ampera im Vergleich zu einem normalen Elektroauto birgt, wenn es um die maximale Reichweite geht. Der Bestellstart des Ampera soll Anfang Juli sein, erste Exemplare sollen laut letzter Information Anfang 2012 vorzugsweise an die ePioniere ausgeliefert werden, diese Amperas werden perlmutt-weiß („Lithium-weiß“), mit allen verfügbaren Extras ausgestattet sein und einen Preis von ca. 49.000 € haben. Ein „Vorteilspaket Ökostrom“ soll dem Kunden gleich die richtige „Ladung“ mit auf den Weg geben – der Ampera sollte mit Ökostrom betankt werden – das ist auch meine Meinung. In diesem Zusammenhang wurden die Labels des TÜV Süd, Grüner Strom-Label und ok-Power ins Feld gebracht. Ich selbst will das noch strenger untermauern: Es gibt derzeit nur vier echte Ökostrom-Anbieter, die unabhängig von den großen „Atomstromkonzernen“ Eon, Vattenfall, EnBW und RWE auf dem Markt auftreten: EWS Schönau, naturstrom AG, greenpeace energy und Lichtblick. Das Unternehmen Opel macht nur dann „nichts falsch“, wenn es eine Partnerschaft mit einem dieser vier Anbieter eingeht. Wenn es schon physikalisch nicht möglich ist, zu bestimmen, wo der Strom aus der Steckdose herkommt, soll wenigstens unmissverständlich klar sein, welcher Anbieter mein Geld für den gelieferten Strom bekommt.
10 Uhr: Es ist soweit: Eine Stunde Ampera-Testfahrt in der Gegend um Dudenhofen ist angesagt! Zwei Gäste werden auf je einen Ampera mit Opel-Mitarbeitern verteilt. Nach dem Druck auf den Start-Knopf tut sich – zumindest „hörbar“ nichts 🙂 Nur der Druck auf das Gaspedal bewirkt, dass sich der Wagen nun lautlos in Bewegung setzt. Kein Elektroauto-„typisches“ Umrichter-Pfeifen, keine Getriebegeräusche, keine E-Motor-Beigeräusche hörbar, einfach – nichts, nur lautloses Fahren! Der Ampera hat den leisesten und am saubersten realisierten Elektroantrieb, der mir bekannt ist. Der Ampera fährt sich sonst im Prinzip genauso wie ein Automatik-Auto, hat sogar die typischen Wahlhebelstellungen P,R,N,D,L sowie Gas und Bremse.
Auf der Brücke zur Ausfahrt aus dem Gelände zeigt sich ein mir noch ungewohnter, aber schon oft beschriebener Nebeneffekt. Ein Bauarbeiter steht seelenruhig auf der Fahrbahn – klar, er hört den Ampera einfach nicht, erst die Hupe lässt ihn aufhorchen – nein, eher aufschrecken. Hier gleich meine erste Idee: Warum gibt es außer der lauten Hupe nicht eine Art Signal, das ebenso wie die Hupe betätigt werden muss, aber leiser ist und nur als Hinweis dient, um den Leuten zu signalisieren, dass sich ein leises Auto nähert? Nachdem ich an der Ausfahrt des Testgeländes mein selbstgebautes Stativ für die Befestigung meines iPhones an der Kopfstütze angebracht habe, um das Video zu drehen, geht es auf die Straße.
Lange Rede kurzer Sinn – ein ungekürzter Videomitschnitt dieser Testfahrt (4 Teile) zeigt mehr als Worte:
11 Uhr: Zurück auf dem Gelände geht es zum nächsten Programmpunkt: Die Gäste dürfen verschiedene Modelle auf der Teststrecke fahren. Die Einweisung erfolgte hinter einem Einweisungsfahrzeug, mit dem wir genau die beiden Strecken erklärt bekommen haben, die wir fahren durften: Den 4,3 km langen kreisrunden High-Speed-Kurs mit bis zu 45° überhöhter Steilkurve und einem Fahrbahnsimulationskurs mit Bodenwellen und allen möglichen Fahrbahnunebenheiten. Danach durfte jeder einen Wagen auf die Teststrecke bringen. Bei mir war es ein Opel Insignia mit 160 kW, der brachte es auf der 45° schrägen High-Speed-Bahn auch knapp auf 230 km/h. Ein irres Gefühl 🙂
Diesen Testfahrten schließt sich ein weiterer Vortrag aus der Technik an. Dr. Gerd Arnold referierte über die Technik des Ampera, über die 4 Fahrzustände und wie sich das Getriebe verhält. Das anfangs durch patentrechtliche Unsicherheiten zaghaft kommunizierte Verhalten des Ampera (nur im Range-Extender-Betrieb!) über 130 km/h wurde bestätigt: Der Range-Extender koppelt sich dann fest über das Planetengetriebe an die Räder, was auch sehr sinnvoll ist.
Weitere Innovationen in der Batterietechnik, insbesondere für höhere Kapazitäten, hält Herr Arnold nicht mehr für möglich (wenn ich an Lithium-Luft-Batterien mit einer Systemenergiedichte von 1 kWh/kg denke, mag ich nicht ganz daran glauben 😉 ). Der Wasserstoff als Energiespeicher ließ dann natürlich nicht lange auf sich warten, trotz den von mir angeführten 70% bei der Elektrolyse und 60% Wirkungsgrad der Brennstoffzelle, die höchstens ca. 40% der mühsam regenerativ erzeugten Energie am Rad ankommen lassen. Für die Speicherung von Wind- oder Solarstrom denke ich zuversichtlich an zukünftige Entwicklungen wie den stationären Redox-Flow-Energiespeicher mit über 80% Wirkungsgrad – und: Strom rein, Strom raus!
Den Hydrogen4-SUV durfte ich dann aber trotz aller Kritik an der Wasserstoffwirtschaft dennoch fahren, ein Ingenieur aus dem Hydrogen4-Team ließ mich nach dem Vortrag noch eine Runde damit drehen – die Brennstoffzelle sieht er in Zukunft als Ersatz für den Verbrenner-Range-Extender in einem E-REV an. Für diese Anwendung lasse ich das mir auch gefallen.
12 Uhr: Mit dem Mittagessen und netten Gesprächen mit dem Opel-Team klingt der gelungene Tag aus und ich mache mich wieder auf den Heimweg – zurück auf den Boden der mittlerweile schon 100 Jahre alten Tatsachen – mit einem direkt ans Rad gekoppelten Verbrennermotor:
Dieses Foto stammt übrigens von meinen Vorfahren und wurde nach 1900 zuhause auf unserem alten Hof von 1741 aufgenommen. Es zeigt meine Urgroßeltern als stolze Besitzer eines der ersten Autos im Ort. 100 Jahre später steht vielleicht mein Ampera an der selben Stelle – als erstes permanent elektrisch angetriebenes Auto.
Auszüge aus meinem Blogbeitrag sind heute zeitgleich im offiziellen Opel-Ampera Blog erschienen.